Desensibilisierung - Das Schreckgespenst im Pferdetraining

Veröffentlicht am 3. April 2025 um 17:37

Stumpft man sein Pferd ab, macht es hilflos oder vermittelt man ihm Ruhe und Gelassenheit? Manche Trainer machen es gar nicht, andere ununterbrochen. Ich erkläre euch, was denn nun dran ist am Schrecktraining und was man beachten sollte, um erfolgreich damit zu sein.

Pferd und Mensch blicken in die selbe Richtung. Pferdetrainer werden liegt manchmal auch in der Familie

Das klassische Schrecktraining: Ziele und Herausforderungen

Das Ziel des klassischen Schrecktrainings ist simpel: Das Pferd soll lernen, entspannt zu bleiben, wenn verschiedene Reize auf es einprasseln. Bewegen soll es sich nur, wenn der Mensch das möchte - nicht wenn das Kind um die Ecke mit etwas spielt und wedelt oder wenn man eine Decke anzieht. Die meisten von uns wissen, dass das bei manchen Pferden gar nicht so einfach ist.

Unterschiedliche Pferdepersönlichkeiten

Es gibt Pferde, die immer "an" sind. Bei allem in Alarmbereitschaft, wird gern auch mal ein Satz mehr zur Seite gemacht als wir uns wünschen. Dieser Typ Pferd ist eher skeptisch-reaktiv. Skeptisch, weil neuen Dingen erstmal mit Misstrauen begegnet wird. Reaktiv, weil schnell eine sichtbare Reaktion für den Menschen kommt. Mit dieser Art Pferd kann man gut arbeiten. Als Trainerin erkennt man schnell, wie es dem Pferd gerade geht. Auch für unerfahrene Besitzer ist das möglich, allerdings sind diese häufig überfordert, weil der "reaktive" Teil in der Praxis nicht so leicht zu handeln sein kann.

Anders bei den passiven, stoischen Pferden und denen, die "aus dem Nichts" explodieren. Diese zeigen Stress nicht oder nur sehr subtil an, so dass es schwer ist mitzubekommen, wann es dem Pferd zu viel wird. Und dann ist das Drama meist groß. Hier ist die Herausforderung, seinem Tier genau zuzuhören und es nicht zu überfordern, weil es ja so brav erscheint.

Die Gefahr der erlernten Hilflosigkeit

Doch egal zu welchem Typ das Pferd gehört, wenn man Fehler in der Desensibilisierung macht, kann man sein Pferd in die erlernte Hilflosigkeit treiben. Das passiert immer dann, wenn die Grenzen des jeweiligen Tieres nicht respektiert werden, es nicht genug Zeit zum Verarbeiten bekommt, festgehalten wird und es lernt, dass es selbst seine Situation nicht beeinflussen kann.

Das klingt erstmal toll, ein Pferd, welches nicht versucht einfach davonzurennen. Auf der anderen Seite will niemand von uns einen Partner, der innerlich tot ist und sein Leben aufgegeben hat.

Ein anderer Ansatz: Aktive Desensibilisierung

Was kann man also tun, um das Schrecktraining für unsere Pferde besser zu gestalten und am Ende für sichere, selbstbewusste Partner zu sorgen? Drehen wir die Desensibilisierung doch einmal um! Bringen wir dem Pferd nicht bei, passiv stehen zu bleiben, sondern aktiv und neugierig auf Unbekanntes zuzugehen.

Dieser Ansatz bietet mehrere Vorteile:

  1. Das Pferd kann sein Training aktiv mitgestalten.
  2. Es ist abwechslungsreicher als "dastehen und Dinge über sich ergehen lassen".
  3. Es wird einfacher, die Grenzen des Pferdes zu respektieren.
  4. Es fördert Neugierde, Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und die Bindung zum Besitzer.

Individuelles Training respektiert die Einzigartigkeit jedes Pferdes

Beim Desensibilisierungstraining ist es besonders wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Grenzen jedes Pferdes zu berücksichtigen . Ein Ansatz, der für ein Pferd funktioniert, muss nicht unbedingt für ein anderes geeignet sein. Indem wir die mentalen und emotionalen Aspekte unserer Pferde berücksichtigen, können wir eine stärkere Bindung aufbauen und ein Gefühl des gegenseitigen Verständnisses und der Sicherheit fördern.

Die Tagesform berücksichtigen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, auf die Tagesform des Pferdes zu achten . Nicht jeder Tag eignet sich gleich gut für intensives Training. Faktoren wie Umgebungsgeräusche, Haltungsbedingungen oder sogar die Fütterung können einen Einfluss auf die Aufnahmefähigkeit und Reaktionsbereitschaft des Pferdes haben. Ein flexibler Trainingsansatz, der diese Faktoren berücksichtigt, kann zu besseren und nachhaltigeren Ergebnissen führen.

 

Ein neugieriges Pferd ist ein sicheres Pferd!

Fazit:

Die Desensibilisierung im Pferdetraining ist ein komplexes Thema, das viel Fingerspitzengefühl und Verständnis erfordert. Es geht nicht darum, unsere Pferde abzustumpfen oder sie zu zwingen, Dinge zu ertragen, sondern vielmehr darum, ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen im Umgang mit neuen Situationen zu vermitteln.

Denkt daran: Jeder Trainingstag ist eine neue Gelegenheit, die Beziehung zu eurem Pferd zu vertiefen und gemeinsam zu wachsen. Mit dem richtigen Ansatz kann die Desensibilisierung zu einem wertvollen Werkzeug werden, um eine harmonische und vertrauensvolle Beziehung zu eurem Pferd aufzubauen

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